Eliud Kipchoge hat seine einmalige leistungssportliche Karriere beim New York-Marathon am vergangenen Sonntag beendet. Der inzwischen 41-jährige Kenianer war bei dem Rennen nach 2:14:36 Stunden im Ziel und hatte damit Rang 17 belegt. In den Kampf um den Sieg konnte Eliud Kipchoge in der entscheidenden Phase nicht eingreifen. Das war ihm auch schon bei seinen vergangenen vier Marathonläufen nicht mehr gelungen. Sein letztes Weltklasserennen war Eliud Kipchoge vor gut zwei Jahren in Berlin gelaufen, wo er bei seinem fünften Sieg in der deutschen Hauptstadt 2:02:42 erreichte. Gegenüber der Internetseite olympics.com antwortete der Kenianer auf die Frage, ob das Rennen in New York sein letzter Elite-Marathon sei: „Ja, absolut!“ Eliud Kipchoge will aber auch in Zukunft weiter laufen und bei diversen Marathonrennen an den Start gehen. Der Ausnahmeläufer initiierte Eliud’s Running World: www.eliudsrunningworld.com
Eliud Kipchoge ist sicherlich der größte Marathonläufer aller Zeiten. Zweimal stellte er über die klassische Distanz einen Weltrekord auf, in einem nicht Rekord-konformen Rennen durchbrach er in Wien zudem als Erster die Zwei-Stunden-Barriere und zweimal wurde er Olympiasieger. Nur zwei andere Läufer hatten vor ihm in der über 125-jährigen olympischen Marathon-Geschichte zweimal Gold gewonnen: Der Äthiopier Abebe Bikila (1960, 1964) und Waldemar Cierpinski, der im Trikot der DDR 1976 und 1980 triumphierte. Von Anfang 2014 bis Herbst 2020 blieb Eliud Kipchoge im Marathon ungeschlagen. In dieser Zeit gewann er ein Dutzend Rennen in Folge. Seine läuferisch beste Leistung dürfte das Rennen unter zwei Stunden in Wien 2019 gewesen sein. Fünfmal lief Eliud Kipchoge regulär unter 2:03:00 Stunden – das hat bis heute kein anderer Läufer geschafft.
Eliud Kipchoge wurde in Kapsisiywa im Nandi District geboren, wo seine Eltern als Farmer arbeiteten. Wie viele andere kenianische Weltklasseläufer schuf Eliud Kipchoge die Grundlage für seine Karriere unbewusst, indem er täglich zur Schule und zurück rannte.
Eliud Kipchoge produzierte erstmals bereits im Alter von nur 18 Jahren internationale Schlagzeilen: Bei den Weltmeisterschaften 2003 in Paris sorgte er über 5.000 m für eine Sensation. Nicht nur gewann er die Goldmedaille, sondern er besiegte dabei auch die beiden ganz großen Favoriten über diese Distanz: Kenenisa Bekele (Äthiopien) und Hicham El Guerrouj (Marokko). Zuvor hatte Kipchoge bereits eine Goldmedaille bei den Crosslauf-Weltmeisterschaften der Junioren gewonnen. Während seiner Karriere als Bahn-Langstreckler erzielte er sehr schnelle persönliche Bestzeiten über 5.000 m (12:46,53 Minuten) und 10.000 m (26:49,02). Im Halbmarathon, den er nur selten lief, erreichte er 59:25.
Doch der Marathon wurde zu seiner mit Abstand stärksten Disziplin. Hier setzte Eliud Kipchoge Maßstäbe. Der Kenianer konzentrierte sich lange Zeit mit enormen Erfolg ausschließlich auf die klassische Distanz. Sein letztes Rennen über eine kürzere Strecke lief er 2016.
Bei seinem Marathon-Debüt gewann er 2013 in Hamburg mit einem Streckenrekord von 2:05:30 Stunden, der erst neun Jahre später, im Zeitalter der Carbon-Laufschuhe, gebrochen wurde. Nach seinem ersten von vier Siegen beim hochkarätigen London-Marathon 2015 wollte Eliud Kipchoge im gleichen Jahr in Berlin den Weltrekord brechen. Doch Schuhprobleme – seine Innensohlen hatten sich gelöst und hingen halb aus den Schuhen heraus – machten ihm einen Strich durch die Rechnung.
Nach einem souveränen Olympia-Sieg in Rio 2016 startete Eliud Kipchoge 2017 einen für damalige Verhältnisse unglaublichen Versuch, die Zwei-Stunden-Marke zu unterbieten. In einem nicht Rekord-konformen Rennen auf dem Formel-1-Kurs in Monza fehlten ihm nur 26 Sekunden. Bei der nächsten offiziellen Weltrekordjagd in Berlin hatte er 2017 erneut Pech: Starke Regenfälle ließen den Rekordversuch buchstäblich ins Wasser fallen. Kipchoge verpasste die Marke seines Landsmannes Dennis Kimetto mit 2:03:32 um 35 Sekunden. Nie zuvor war ein Athlet bei so schlechten Bedingungen derart schnell gelaufen.
2018 schließlich brach Eliud Kipchoge den Weltrekord im dritten Versuch in Berlin. Mit einer Fabelzeit von 2:01:39 Stunden hatte er die Bestzeit von Kimetto (2:02:57) um 1:18 Minuten verbessert. Es war die größte Steigerung des Männer-Weltrekordes im Marathon seit über 50 Jahren.
Als Olympiasieger und Weltrekordler suchte Eliud Kipchoge eine andere Herausforderung: Das Unterbieten der Zwei-Stunden-Barriere rückte ein zweites Mal in den Fokus. Und dieses Mal gelang das Vorhaben. Im Wiener Prater lief Eliud Kipchoge im Oktober 2019 1:59:40,2 – eine Leistung, die als „Kipchoges Mond-Landung“ bezeichnet wurde und weltweit für Schlagzeilen sorgte. Diese Zeit gilt für ihn selbst als seine persönliche Bestzeit, auch wenn sie nicht unter Rekord-konformen Bedingungen erzielt wurde und dadurch nicht offiziell anerkannt werden konnte.
Während der Corona-Pandemie gewann Eliud Kipchoge 2021 im japanischen Sapporo überlegen seine zweite olympische Marathon-Goldmedaille. Ein Jahr später startete er in Berlin überraschend einen Angriff auf die Zwei-Stunden-Barriere unter rekord-konformen Bedingungen. Nach einer Halbmarathon-Durchgangszeit von 59:51 Minuten lag er noch bis ungefähr 25 km auf Kurs für diese Traum-Zeit. Doch ohne Tempomacher konnte er im letzten Drittel des Rennens das Tempo nicht mehr halten. Dennoch brach er mit 2:01:09 Stunden seinen eigenen Weltrekord und verbesserte die Bestzeit um genau 30 Sekunden. Ein Jahr später qualifizierte er sich in Berlin mit einem weiteren Sieg für die Olympischen Spiele 2024, doch es reichte in Paris nicht zu einem historischen dritten Marathon-Gold.
2018 und 2019 wurde Eliud Kipchoge zum Welt-Leichtathleten des Jahres gewählt, 2019 erhielt er die Auszeichnung „Laureus Academy Exceptional Achievement“.
Eliud Kipchoges Marathon-Karriere
2013 1. Hamburg-Marathon 2:05:30
2013 2. Berlin-Marathon 2:04:05
2014 1. Rotterdam-Marathon 2:05:00
2014 1. Chicago-Marathon 2:04:11
2015 1. London-Marathon 2:04:42
2015 1. Berlin-Marathon 2:04:00
2016 1. London-Marathon 2:03:05
2016 1. Olympische Spiele, Rio 2:08:44
2017 1. Monza „Breaking 2“ 2:00:25 *
2017 1. Berlin-Marathon 2:03:32
2018 1. London-Marathon 2:04:17
2018 1. Berlin-Marathon 2:01:39 (WR)
2019 1. London-Marathon 2:02:37
2019 1. Wien „Ineos 1:59 Challenge“ 1:59:40,2 *
2020 8. London-Marathon 2:06:49
2021 1. Enschede-Marathon 2:04:30
2021 1. Olympische Spiele, Sapporo/JPN 2:08:38
2022 1. Tokio-Marathon 2:02:40
2022 1. Berlin-Marathon 2:01:09 (WR)
2023 6. Boston-Marathon 2:09:23
2023 1. Berlin-Marathon 2:02:42
2024 10. Tokio-Marathon 2:06:50
2024 Olympische Spiele, Paris DNF
2025 6. London-Marathon 2:05:25
2025 9. Sydney-Marathon 2:08:31
2025 17. New York-Marathon 2:14:36
* = nicht Rekord-konform
Text: Jörg Wenig
Fotos: Victah Sailer, VCM / Michael Gruber
