28. Oktober 2024 | Marathon-News

Durchbruch in Frankfurt: Hawi Feysa ist die nächste Marathon-Weltklasseläuferin

Es sind Äthiopiens Frauen, die die Weltbestenlisten im Marathon dominieren: 17 der 30 schnellsten Läuferinnen aller Zeiten kommen aus Äthiopien und in der aktuellen Jahresweltbestenliste sind 14 der Top 25 aus dem Land. Hawi Feysa ist die neueste Weltklasseläuferin aus Äthiopien. Mit ihrem Sieg beim Mainova Frankfurt Marathon in der Streckenrekordzeit von 2:17:25 Stunden am Sonntag ist die 25-Jährige auf Platz 19 in der Alltime-Liste nach vorne gesprungen. Dabei verbesserte Hawi Feysa ihre persönliche Bestzeit gleich um gut sechs Minuten.

 

Ganz so überraschend kam diese Leistung jedoch nicht, wenn man ihre Vorleistungen berücksichtigt – 65:41 Minuten im Halbmarathon sowie ein sechster Platz bei der Cross-WM 2023 – und ihren Hintergrund kennt: Hawi Feysa wird in Addis Abeba von Gemedu Dedefo trainiert, der derzeit die sicherlich stärkste Trainingsgruppe der Welt betreut. Die Olympia-Zweite Tigst Assefa, die mit 2:11:53 vor einem Jahr in Berlin einen famosen Weltrekord aufstellte, die aktuelle Berlin-Siegerin Tigist Ketema, die das Rennen vor einem Monat in 2:16:07 gewann, und die Marathon-Weltmeisterin von 2023, Amane Shankule, zählen zu dieser Gruppe. Außerdem werden Olympiasieger Tamirat Tola und Boston-Sieger Sisay Lemma von Gemedu Dedefo betreut.

 

„Es gibt eine A- und eine B-Gruppe bei uns im Training. Ich laufe in der A-Gruppe. Im Training ist kein großer Unterschied. Wir haben ungefähr die gleiche Leistung“, sagte Hawi Feysa. „Es ist sehr motivierend für mich zu sehen, wie erfolgreich die anderen in dieser Gruppe sind. Dadurch werde ich auch stärker, und der Coach motiviert mich sehr.“

 

Hawi Feysa stammt aus Ambo, wo sie mit fünf Schwestern und zwei Brüdern in einer Farmer-Familie aufwuchs. „Meine Eltern haben unter anderem Kühe und Pferde“, sagt Hawi Feysa, die mit ihren Einnahmen auch ihre Familie unterstützt. Die Stadt Ambo liegt rund 100 Kilometer westlich von Addis Abeba und gehört zur Oromia-Region. Aus diesem Gebiet kommen etliche der großen äthiopischen Lauf-Stars, darunter die mehrfache Olympiasiegerin Tirunesh Dibaba und der legendäre Kenenisa Bekele. „Tirunesh und Genzebe Dibaba sind meine Vorbilder. Ich war zehn Jahre alt als ich Tirunesh bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen im Fernsehen gesehen habe. Ihre Erfolge haben mich sehr beeindruckt und mir war klar: ich muss auch laufen“, erzählt Hawi Feysa, die lediglich einen Kilometer von der Schule entfernt wohnte. Das für viele afrikanische Topläufer typische unbewusste Training durch den Weg zur Schule entfiel bei Hawi Feysa. „Ich bin stattdessen zusammen mit anderen auf einer Rundstrecke in Ambo gelaufen. Da waren auch ältere Jungen dabei. Einen Coach hatten wir dort nicht, aber ab und zu organisierten regionale Trainer Schul-Wettkämpfe, und sie bereiteten uns auch darauf vor. Die besten Athleten bei diesen Rennen durften nach Addis Abeba, um dort in einem Verein zu trainieren“, erzählt Hawi Feysa. Mit 16 Jahren bekam sie die Chance und zog in die Hauptstadt um. Inzwischen ist sie dort auch verheiratet.

 

„Ich bin gerne auf der Bahn gelaufen“, sagt Hawi Feysa, die bei der WM 2019 Platz acht über 5.000 m belegt hatte. „Aber ich war häufig verletzt. Deshalb bin ich auf die Straße gewechselt.“ Im Marathon ist ihr nun in Frankfurt ein großer Durchbruch gelungen. „Mein nächstes Ziel ist es, eine Zeit von unter 2:15:00 zu erreichen. Wenn es im nächsten Jahr in die Wettkampfplanung passt, würde ich gerne auch wieder in Frankfurt starten. Die Strecke ist gut für noch schnellere Zeiten.“ Vielleicht kommt Hawi Feysa eines Tages auch mit einer Schwester zurück zum Mainova Frankfurt Marathon. „Zwei meiner jüngeren Schwestern sind bereits so gut, dass sie bei mir in Addis Abeba wohnen und hier trainieren. Ich bin sicher, dass sie auch mein Niveau erreichen werden.“ Äthiopiens Talente-Pool scheint unerschöpflich. 

Durchbruch in Frankfurt: Hawi Feysa ist die nächste Marathon-Weltklasseläuferin | Foto: Victah Sailer / photorun.net