8. Juli 2024 | Running-News

Wo stehen die besten Deutschen im Marathon in einem historischen Vergleich?

Der deutsche Elite-Marathonlauf hat in den letzten Jahren einen enormen Aufschwung erlebt. Was die gelaufenen Zeiten angeht, ist die Breite in der Spitze so stark wie nie zuvor. Aufgrund der neuen Schuh-Technologie, die sich klar leistungsfördernd bemerkbar macht, ist es jedoch schwierig, die Zeiten mit den Ergebnissen früherer Jahre zu vergleichen. Interessant ist daher auch, die Entwicklung im Vergleich zur internationalen Spitze zu sehen. Wie groß ist der Abstand der besten Deutschen zur Weltspitze sowie zur europäischen Spitze in ausgewählten Jahren und welche Platzierungen wurden in den jeweiligen internationalen Jahres-Bestenlisten erreicht? Auch dieser Vergleich hinkt allerdings etwas. Denn bis ungefähr Mitte der 90er Jahre spielten afrikanische Marathonläufer noch keine entscheidende Rolle. Die Konkurrenz ist dadurch heute viel größer als damals.

 

Die Männer haben aufgeholt

 

Als der deutsche Rekordhalter Jörg Peter (2:08:47/1988) 1990 beim Berlin-Marathon 2:09:23 Stunden lief, stand er mit dieser Zeit in der Jahresweltbestenliste am Ende des Jahres auf Rang vier. Aufgrund der enormen Dichte von afrikanischen Weltklasseläufern ist eine derartige Platzierung längst illusorisch. Doch die deutschen Männer haben mit Amanal Petros an der Spitze in den letzten Jahren enorm aufgeholt. Über viele Jahre hinweg war die internationale und auch die kontinentale Spitze für sie sehr weit weg. Das hat sich zumindest bezogen auf Europa geändert. Petros’ Position in der Weltrangliste im vergangenen Jahr (27. Platz) ist in etwa genauso stark einzuschätzen wie die von Jörg Peter 1990. Damals gab es so gut wie keine afrikanischen Top-Marathonläufer.

 

            DJB                            WJB                           Differenz in Min.       EJB     Differenz in Min.

                                                                                   Platz in JWBL                       Platz in EJBL

 

1990    2:09:23                       2:08:16                                   1:07 (4.)          2:08:19            1:04 (2.)

Jörg Peter       Stephen Moneghetti (AUS)                                       Gelindo Bordin (ITA)

 

2000    2:11:28                       2:06:36                                   4:52 (104.)      2:06:36            4:52 (26.)

Michael Fietz              Antonio Pinto (POR)                                     Antonio Pinto

 

2010    2:17:18                       2:04:48                                   12:30 (639.)    2:08:32            8:46 (61.)

Falk Cierpinski            Patrick Makau (KEN)                               Iaroslav Musinschi (MDA)

 

2019    2:10:29                       2:01:41                                   8:48 (253.)      2:04:16            6:13 (21.)

Amanal Petros                       Kenenisa Bekele (ETH)                            Kaan Kigen Özbilen (TUR)

 

2023    2:04:58                       2:00:35                                   4:23 (27.)        2:03:47            1:11 (2.)

Amanal Petros                       Kelvin Kiptum (KEN)                                     Bashir Abdi (BEL)

 

DJB: Deutsche Jahresbestzeit. WJB: Jahres-Weltbestzeit. JWBL: Jahres-Weltbestenliste. EJB: Europäische Jahresbestzeit. EJBL: Europäische Jahres-Bestenliste.

 

 

Größerer Abstand bei den Frauen

 

In der Breite der Spitze sind die deutschen Frauen bezogen auf die gelaufenen Zeiten so schnell wie nie zuvor. Der Abstand zur internationalen und zur europäischen Spitze war zuletzt allerdings größer als zuvor. Im Gegensatz zu den Männern gehörten die besten deutschen Läuferinnen über viele Jahre hinweg zur Weltspitze. In den 90er Jahren sorgten Uta Pippig und Katrin Dörre-Heinig für Furore. Auch sie profitierten damals aber davon, dass sich die afrikanische Konkurrenz noch in Grenzen hielt. Rund zehn Jahre nach diesem deutschen Weltklasse-Duo folgte Irina Mikitenko, die mit 2:19:19 (2008) nach wie vor den deutschen Rekord hält und eine Reihe von Top-Marathonrennen gewann. Mit Melat Kejeta gibt es jetzt eine Läuferin, die bewiesen hat, dass sie mit der erweiterten Weltspitze mithalten kann. Sie dürfte in der Lage sein, den Abstand zur internationalen Spitze wieder zu verkürzen und den deutschen Rekord zu brechen.

 

            DJB                            WJB                           Differenz in Min.       EJB     Differenz in Min.

                                                                                   Platz in JWBL                       Platz in EJBL

 

1990    2:28:03                       2:25:24                       2:39 (6.)                      2:24:24            2:39 (3.)

Uta Pippig                   Rosa Mota (POR)                                         Rosa Mota

 

2000    2:27:25                       2:21:33                       5:52 (37.)                    2:22:54            4:31 (9.)

Sonja Oberem                       Catherine Ndereba (KEN)                             Lidia Simon (ROM)

 

2010    2:26:21                       2:22:04                       4:17 (38.)                    2:24:22            1:59 (6.)

Sabrina Mockenhaupt    Atsede Bayisa (ETH)                                    Christelle Daunay (FRA)

 

2019    2:23:57                       2:14:04                       9:53 (60.)                    2:19:46            4:13 (2.)

Melat Kejeta               Brigid Kosgei (KEN)                                      Lonah Salpeter (ISR)

 

2023    2:23:47                       2:11:53                       11:54 (94.)                  2:13:44          10:03 (10.)

Domenika Mayer        Tigst Assefa (ETH)                                        Sifan Hassan (NED)

 

DJB: Deutsche Jahresbestzeit. WJB: Jahres-Weltbestzeit. JWBL: Jahres-Weltbestenliste. EJB: Europäische Jahresbestzeit. EJBL: Europäische Jahres-Bestenliste.

 

Text und Statistik: Jörg Wenig / Race News Service

Fotos: Victah Sailer / photorun.net, Helmut Winter

Amanal Petros hat den Abstand zur Weltspitze deutlich verkürzt. Foto: Victah Sailer / photorun.net