26. April 2022 | Running-News

Ukrainerin Nataliya Lehonkova kehrt nach Wien-Marathon nicht in Heimat zurück

Nach ihrer erfolgreichen Titelverteidigung mit einem Streckenrekord denkt die Kenianerin Vibian Chepkirui bereits an ihren nächsten Start beim Vienna City Marathon am 23. April 2023. Während die Siegerin schon für das nächste Jahr plant, steht eine andere Topläuferin des Wiener Rennens, die am Sonntag auf Rang elf ins Ziel lief, vor einer völlig ungewissen Zukunft: Nataliya Lehonkova kommt aus dem kleinen Ort Hmelnick, der in der Ukraine ziemlich genau zwischen Kiew und Lwiw liegt.

 

Vor dreieinhalb Monaten schloss Nataliya Lehonkova ihre Haustür ab und reiste nach Kirgisien ins Höhentrainingslager. Seitdem kam die 39-Jährige, die eine Bestzeit von 2:28:58 Stunden aufweist,  nicht mehr zurück. „Als ich abreiste, hatten wir nicht gedacht, dass es einen Krieg geben würde“, sagt Nataliya Lehonkova, die dann drei Monate in Kirgisien blieb und anschließend zur Akklimatisierung vor dem Wien-Marathon zwei Wochen in der Türkei war.

 

„Via Social Media bin ich im Kontakt mit meinen Nachbarn. Sie sagen mir, dass es noch ruhig ist bei uns, aber sie sehen Raketen fliegen“, erzählt Nataliya Lehonkova. Von ihrer Familie ist jetzt niemand mehr in der Ukraine. „Meine Mutter lebt in Ternopol nicht so weit weg von Lwiw. Aber sie flüchtete nach Heidelberg. Mein Bruder ist schon länger in Miami und mein Vater kam ursprünglich aus Kasachstan“, berichtet Nataliya Lehonkova.

 

„Ich werde jetzt nicht in die Ukraine zurückkehren. Ich habe Freunde in Wien bei denen ich für ein oder zwei Wochen bleiben werde. Danach werde ich wahrscheinlich meine Mutter in Heidelberg besuchen“, sagt die Läuferin, die im Frühling bei einigen kürzeren Straßenrennen starten möchte. Am Sonntag kam Nataliya Lehonkova, die bei Olympia in Rio 2016 im Marathon Rang 87 belegt hatte und im vergangenen Jahr beim Rotterdam-Marathon Zweite war, in Wien nach 2:38:52 Stunden ins Ziel. „Ich hatte muskuläre Probleme und fühlte mich sehr müde.“

 

Die Vorbereitung auf den Vienna City Marathon war schwierig für die Läuferin. „Natürlich ist die Situation in der Ukraine fürchterlich. Es war mental aber auch physisch schwierig, für den Marathon zu trainieren. Ich brauche alle meine Energie für das Training und muss dabei immer optimistisch bleiben. Aber das ist nicht möglich, wenn man die Nachrichten aus der Ukraine sieht. Zeitweise habe ich versucht, die Geschehnisse auszublenden. So habe ich nur noch abends Nachrichten geschaut. Morgens kann ich mir das nicht anschauen, denn dann kann ich mich nicht mehr auf das Training konzentrieren“, erzählt Nataliya Lehonkova. Einige andere Läuferinnen seien inzwischen in Polen, eine auch in Italien.

 

„Es ist natürlich wichtig, jetzt für die Ukraine zu starten – das ist auch ein Signal“, sagt Nataliya Lehonkova. „Ich bete täglich für den Frieden und alle meine Freunde tun dies auch – wir hoffen, dass der Krieg bald vorbei ist.“

 

„Ich wusste nicht, dass eine Läuferin aus der Ukraine hier am Start war. Dass sie hier gelaufen ist, ist beachtlich. Ich begrüße es auch, dass die Veranstalter sie eingeladen haben“, erklärte die Siegerin des Rennens, Vibian Chepkirui.

 

Um den Menschen aus der Ukraine zu helfen, hatte der Vienna City Marathon eine Spendenaktion gestartet. Für fünf Euro verkauften die Veranstalter Armbänder mit der Aufschrift „Running for Peace“. Der Erlös von knapp 25.000 Euro wurde der Initiative „Nachbar in Not“ gespendet.

 

Text: race-news-service.com

Foto: VCM / Jenia Symonds

Nataliya Lehonkova kehrt vorerst nicht in die Ukraine zurück. | Foto: VCM / Jenia Symonds